Sklaven wurde von mir in vorgängigen Texten schon wiederholt als eine der tiefstgehendsten zwischenmenschlichen Beziehungen bezeichnet. Diese Beziehung muss wie jede andere auch erst aufgebaut und gepflegt werden. Die Kenntnisse seines Gegenübers, das gemeinsam gewonnene Vertrauen und das gegenseitige Verständnis sind Grundlage um zusammen neue Höhen der Geilheit zu erleben.
Wie aber macht man den ersten Schritt im Verhältnis als Master und Sklave. Dieser erste und recht schwere Schritt hat in meinen Augen nichts mit den im SM unterschiedlichen Stellungen der Beteiligten zu tun. Das Grundvertrauen, das es zu gewinnen gilt, ist auf der menschlichen Ebene zu finden. Heutzutage wird einem die Suche und das erste Herantasten durch das Internet vereinfacht. Nie war es einfacher aus der bunten Masse der schwulen die SMlern herauszufiltern. Ein zusätzlicher Haken in den Suchmaschinen von Gayromeo und Co. zaubern Listen von SMlern hervor, von denen man viele nie in irgendwelchen Lederkneipen getroffen hätte oder denen man nie bei einem zufälligen Zusammentreffen in der Stadt angesehen hätte, dass sie ebenso schweinisch und hart drauf sind wie man selbst.
Auf dieser Plattform vergleicht man oft, ob man ähnliche Interessen hat (sexueller und nicht sexueller Natur), ob das Äussere des Gegenübers von den Fotos her einem zusagt und ob man sich überhaupt vorstellen kann, diesen Menschen nahe an sich ran zu lassen. Für mich steht das menschliche und das Abchecken der Interessen sehr im Zentrum. „Masterkollegen“ die schon auf der virtuellen Ebene den grossen Macker raushängen und das Gefühl haben, sie müssten durch Grobheiten und durch lächerliche „Statussymbole“ wie Bezeichnungen und mangelnden Anstand ihre „Dominanz“ zum Ausdruck bringen, sind mir äusserst suspekt. Die lassen den Menschen im Sklaven nicht an sich ran und werden sicherlich auch Probleme haben diesen in ihm zu erkennen. Kann man so auf einen Sklaven eingehen? Worauf soll hier das Vertrauen des Sklaven in seinen potentiellen Master bauen? Etwa darauf, dass er einem schon im Chat ohne einem zu kennen aufs gröbste erniedrigt?
Wechselt das Verhältnis dann von der virtuellen Ebene (oft über die Zwischenstufe des telefonischen Kontaktes) dann zur realen Ebene, so überlass ich gerne dem Sklaven die Auswahl, ob er irgendwann zuvor ein normales Treffen bei einem Drink oder lieber erst gleich die Musterungssession haben will. Diese Entscheidung dem Sklaven zu überlassen ist sicherlich nicht ein Zeichen von mangelnder Dominanz. Vielmehr geht es darum, dass zwar beide Vertrauen ineinander finden müssen, jedoch der Sklave durch seine Auslieferung in der Session in der viel verletzlicheren Position steht und somit meist mehr vorgängige Sicherheit als der Master braucht.
Wovon ich aus Erfahrung abraten kann sind erste Treffen, bei denen man sich zuerst auf der freundschaftlichen Ebene kennen lernt, quatscht und dann sofort mit der Action startet. Ich selbst hab eigentlich mit diesem Switchen zwischen dieser freundschaftlichen Ebene zur Slave-Master-Ebene weniger Probleme, oft aber die Sklaven. Zudem ist es nicht ganz einfach, diesen Übergang so hinzubekommen, dass er weder abturnende, groteske und/oder lächerliche Formen annimmt. Ich bin gerne bereit, sich Tage vor der ersten Session einmal oder wiederholt freundschaftlich zu treffen. Der erste Actiontag fängt aber direkt in den unterschiedlichen Stellungen als Master und Sklave an.
Der Sklave muss sich von Anfang an bewusst sein, dass er primär als Sklave und nicht als Gast bei mir ist. Er braucht auch Zeit sich in seine Stellung einzuleben. Beim ersten Mal sieht mich meist ein Sklave erst, wenn er schon nackt in meiner Wohnung kniet, seine Stirn am Boden und die Beine gespreizt, so dass ich wenn ich von hinten zu ihm rantrete, freie Sicht auf seinen Arsch und sein Gehänge habe. Doch meist lasse ich ihn ein wenig warten. Dieses nackte auf den Master warten fördert sein Sklavenbewusstsein, die Nacktheit lässt ihm seine Schutzlosigkeit und sein ausgeliefert sein spüren, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch durch nichts in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. Es gab auch schon Sklaven die nach kurzem Warten plötzlich gemerkt haben, dass dies nichts für sie ist, sich wieder angezogen haben und gegangen sind. Mir ist es lieber eine Session findet nicht statt, als dass sie schlecht wird und sogar abgebrochen werden muss.
Nachdem der Sklave dann einige Zeit so gewartet hat, startet die Musterung noch immer nicht. Es folgt nun eigentlich nur ein kurzer erster körperlicher Kontakt mit dem Sklaven. Dieser ist sicherlich noch nicht grob. Wichtig dabei ist mir, dass die erste Berührung meist dem Anus oder dem Schwanz und den Eiern gilt. Das erste Mal dass der Sklave seinen Master spürt soll nichts grobes sein, ihn aber durch die Berührung der Geschlechtsorgane sämtlicher Intimsphäre berauben. Ein „fremder“ Mann berührt bei ihm als erstes seine intimsten Regionen und dies ohne zu fragen. Diese kleine Tat ist der Beginn der Reduktion des Sklaven vom Menschen zum „Objekt“.
Nach dieser ersten Berührung folgt meist eine Schnellfesslung der Hände mit Handschellen auf dem Rücken. Der Weg zur Wehrlosigkeit beginnt. Das Gefühl des ausgeliefert seins intensiviert sich. Und wieder lass ich den Sklaven alleine. Er soll warten und somit nochmals Zeit haben, sich bewusst zu werden als was er gekommen ist und sich zu fragen, ob er sich in der Stellung als Sklave wirklich wohl fühlen wird, auch dann wenn ihm zeitweise alles andere als wohlige Gefühle bereitet werden.
Nach wenigen Minuten, die für den Sklaven meist wie Ewigkeiten vorkommen, trete ich wieder zum Sklaven hin. Spüre ich eine Unsicherheit seinerseits, so folgt meine Frage, ob er wirklich als Sklave dienen will oder ob er es vorzieht zu gehen. Bin ich mir seiner Bereitschaft sicher, so folgt dann der Beginn der „Entmenschlichung“ mit dem Anziehen der Maske, welche den Hörsinn vernebelt, der Augenklappe, welche ihn total seiner Kontrolle beraubt, dem Knebel und den Manschetten um Hand- und Fussgelenke. Als krönender Abschluss bekommt er das Halsband, das Symbol des Sklavendaseins schlechthin, angezogen. Die Musterung kann nun beginnen.
Bei jedem neuen Sklaven bin auch ich immer wieder ein Anfänger, ein Anfänger mit Routine und Erfahrung im Rücken. Aber da ich den Sklaven nicht kenne, bin ich was ihn betrifft ein Neuling, der zuerst von neuem ein Gefühl für die Sau aufbauen muss. Die Routine und meine Erfahrung helfen mir sicher dabei, doch wichtig ist, dass die Routine nicht zum Drehbuch wird, da man seine Empathie voll für diesen neuen willigen Menschen einsetzen muss. Ich muss mich wieder auf diesen Sklaven voll und ganz neu einlassen. Es muss ja für beide stimmig sein!